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headhackers insights
Über Menschen und Marken


Homeoffice = Homework!

Warum es hier nicht nur um Menschen, sondern auch um Markenführung geht
30. April 2020

„Homeoffice“. Wieviel Phantasie und wieviel Zauber liegen in diesem Wort? Und wie märchenhaft und wundersam ist die Geschichte des kleinen Arbeitnehmers, der Menschli hieß… Ja, so ähnlich beginnt das Dschungelbuch mit Mogli. Und so magisch dachten viele von uns bis vor kurzem über das Arbeiten zu Hause. Endlich Ruhe im Karton. Jede Menge Zeit zum Denken. Die Kaffeemaschine so nah. Die Kinder – so vorhanden – so fern in Kita oder Schule. Yeah!

Und nun? Tja, so hatten wir uns das nicht gedacht. Die Unterlagen im Office. Der Küchentisch als Schreibtisch. Die Angst im Nacken. Die Kinder so nah. Die Kollegen so fern. Das Fitnessstudio zu. Und wehe, Dein Kind liefert nicht die richtigen Hausaufgaben beim richtigen Lehrer just in time …

Homeoffice heißt mehr als Laptop und los!

In den letzten Wochen hatten wir – wie so viele von uns – reichlich Gelegenheit, über Homeoffice, Homeschooling und Homewahnsinn zu reflektieren. Und na klar, die Situation ist bedrohlich. Natürlich muss auch hier erstmal das Systemrelevante bewältigt werden. Wer kann überhaupt ins Homeoffice? Wie geht das mit dem nötigen digitalen Equipment? Wie läuft der Zugang zu den analogen Anachronismen (Akten & Co).? Wie sprechen wir uns ab (vor allem dann, wenn der verdammte Videochat zusammenbricht)? Und welche Ausrede erfinden wir, um uns nur per Audio einzuwählen (damit unsere Schlafanzughose privat bleibt)?

Homeoffice muss Home und Office ausbalancieren. Ach so, der letzte Punkt ist unsachlich und gehört nicht dazu? Ja, kann man so sehen. Aber derzeit wandelt sich die Perspektive von der Fokussiertheit auf das „Office“ zur Öffnung in Richtung „Home“. Und genau hier fängt es für uns als Experten für gefühlte Wahrheiten an, hochinteressant zu werden: Denn was bisher fehlte, war die menschliche Perspektive in der Notdigitalisierung Ichweißnichtwaspunktnull. Dass mal jemand zugibt, dass die deutsche Zwangs-Homeoffizierung noch nicht rund läuft. Dass es da keine Patentlösung gibt. Und dass da noch verdammt viele Hausaufgaben zu machen sind.

Und da wir alle – das Homeoffice ruft – natürlich noch jede Menge zu tun haben, hier auf die Schnelle vier Gedanken, ach nein „Headhacks“, zum Thema Homeoffice:

1. Homeoffice erfordert einsames Umdenken.

Eine One-Size-Fits-all Lösung gibt es nicht, weil Menschen, Lebens-/Arbeitsrhythmen, Familiensituationen und Arbeits-/Firmenanforderungen komplett unterschiedlich sind. Daher wäre es wohltuend, wenn jeder zu Hause arbeitende Mensch für sich – also „einsam“ – mit viel mehr Denk- und Freiraum klären könnte, wie er oder sie am liebsten arbeiten möchte: Eule oder Lerche? Krawatte und BH oder Jogginghose und Hauspuschen? Video oder Audio? Mittendrin in der Familie oder versteckt im Ruhe-Eckchen? Durchziehen oder locker verteilen? Und wie integriert man Sport, Entspannung, Kinder, Partner und Haustiere? (Die Reihenfolge bitte als rein zufällig gewählt betrachten.)

2. Homeoffice erfordert gemeinsames Umdenken.

Die Beantwortung der eben gestellten Fragen macht aber nur Sinn für die aktuell vielzitierten Solo-Selbständigen, die selbst die Meister ihres Homeoffice sind – oder für Arbeitnehmer mit umdenkwilligen Chefs und Kollegen. Warum nicht Kernarbeitszeiten nur von 11 bis 15 Uhr, damit die Lerchen frühmorgens und die Eulen spätnachts den Rest erledigen können? Warum alle in die dritte Videokonferenz am Tag zwingen, wenn sich einige lieber nur auf die Tonspur konzentrieren wollen? Warum nicht Homecode statt Dresscode bei den Klamotten? Warum nicht digitaler gemeinsamer „Betriebssport“ oder auch innovativer Support bei Kinderbetreuung und Homeschooling? Und warum nicht mal ein „Care-Paket“ mit Nervennahrung und Seife nach Hause schicken, wenn der Zugang zum Büro-Obstkorb versperrt ist?

3. Das Menschliche muss ins Digitale.

Ein sehr wichtiger Zusatzaspekt des gemeinsamen Umdenkens ist das Abbilden menschlichen Kontakts und menschlicher Bedürfnisse. Denn die sind mit dieser neuen Stufe der Digitalisierung natürlich nicht weg, sondern die soziale Realität muss in eine neuartige Digitalität integriert werden. Wie sieht der „Pep-Talk“ vom Chef auf Distanz aus? Warum nicht ein virtueller Coffee-Talk ohne Agenda, um zu hören, welche Themen gerade jenseits aktueller Projekte in Umschwung sind? Schließlich verbergen sich in manchem Small-Talk echt Big Topics! Wie bekommt man mit, welcher Mitarbeiter in der aktuellen Drucksituation mentales Coaching benötigt? Und was zündet aus der Ferne oder Nähe den Schalter, um vom „To Do“ ins „Let’s go“ zu kommen?

4. Homeoffice ist Menschen- und Marken-Hausaufgabe.

Nicht zuletzt ist es immens wichtig, die Hausaufgaben, die zum Thema Homeoffice noch zu leisten sind, nicht als fakultative Kür oder lästige Pflicht, sondern auch als Chance für Mensch und eigene Unternehmens- und Arbeitgebermarke zu begreifen. Ja, natürlich müssen aktuell erstmal die existenzbedrohlichen Dinge rund um „Wie überleben wir rein wirtschaftlich die Krise“ geklärt werden – aus Firmen- und Mitarbeitersicht. Aber gerade, weil dies zumeist ein Prozess ist, ist es wichtig, sich parallel so schnell wie möglich auch mit den vermeintlich „soften“ Themen des Arbeitens und Zusammenarbeitens während und nach der Krise zu beschäftigen. Denn jetzt entscheidet sich, ob Führungskräfte und Mitarbeiter vereinzelt verzweifeln oder – mit allem Respekt vor individuellen Needs und Arbeitsmodellen – gemeinsam zusammenhalten und zusammenwirken.

Letztlich heißt Homeoffice doch nur mehr Dependancen von EINER Company.

Gemeinsam die Hausaufgaben zum Thema Homeoffice anzupacken, ist arbeitstechnisch in der Krise geradezu überlebenswichtig, aber auch – und damit sind wir bei unserem Lieblingsthema „Marke“ angekommen – ein wichtiger Beitrag zum Employer Branding. Jetzt zeigt sich, ob eine Arbeitgebermarke es auch im Krisenerlebnis schafft, mit ihren Mitarbeitern im Gespräch zu bleiben, nachzufragen, den Austausch untereinander zu ermöglichen, und gemeinsam die Phönix-Ideen zu entdecken, die in die Zukunft führen.

Sehen wir es doch mal so: Homeoffice muss nicht heißen, dass alle jetzt irgendwo vereinzelt sitzen und dem Zugriff entzogen sind.

Homeoffice ist im Grunde nur eine große Diversifizierung der Corporate Brand, mit neuen faszinierenden Möglichkeiten für jeden „Inhaber“ des eigenen Büros und für das Unternehmen insgesamt. Damit aus Mitarbeitern wieder Zusammenarbeiter werden.

Zurück zum Anfang: Das wäre dann doch irgendwie magisch. Wenn auch etwas anders, als wir alle uns das ursprünglich mit dem Homeoffice gedacht hatten. Das Homeoffice als „Soziotopie“ statt als egotaktische Tobe-Fläche.

Gedanken? Fragen? Ideen? Wir sind neugierig!